KI-Infrastruktur ist Geopolitik

KI ist Geopolitik. Und Infrastruktur bewegt sich derzeit schneller als Regulierung.
Letzte Woche lancierte Proton, der Privacy-E-Mail-Anbieter aus der Schweiz, seinen eigenen KI-Chatbot namens “Lumo”. Aber die eigentliche Schlagzeile war weiter unten in der Ankündigung versteckt:

Protons Ankündigung über die Verlagerung der KI-Infrastruktur in die EU aufgrund regulatorischer Unsicherheit in der Schweiz
Proton verlagert seine Infrastruktur aus der Schweiz weg.
Grund: “Unsicherheit bezüglich Schweizer Regierungsvorschläge zur Einführung von Massenüberwachung”.
Wow.
Protons KI-Stack (einschliesslich ihrer anderen Produkte) wird künftig in der EU gehostet. Laut Swiss Info werden über 100 Millionen Euro in diese europäische Infrastruktur investiert, hauptsächlich in Deutschland und Norwegen.
Warum das wichtig ist
Schauen Sie sich die KI-Landschaft im Titelbild dieses Artikels an. Die meisten führenden Apps, Modelle und Chip-Anbieter sind entweder US-amerikanische oder chinesische Unternehmen. Mistral ist eine Ausnahme dieser Regel, steht aber ziemlich alleine da.
Die Schweiz könnte ein neutraler, Privacy-fokussierter KI-Infrastruktur-Hub sein. Aber die Gesetzgebung geht derzeit in eine Richtung, die dem Datenschutz, zumindest gemäss Proton, nicht entspricht.
Wenn ein Unternehmen, das vollständig auf Schweizer Datenschutzprinzipien aufgebaut ist, die Schweiz verlässt, ist das nicht nur eine Geschäftsentscheidung.
Zentrale Fragestellungen
Meine Vorhersage: KI-Plattformen werden in den nächsten Jahren immer weitere IT-Funktionen übernehmen. Dabei stellen sich Governance-Fragen im Kontext der Geopolitik mehr und mehr in den Vordergrund:
- Wo wird Ihre KI gehostet?
- Unter welchem Gesetz?
- Und wie schnell könnten Sie sich bewegen, falls nötig?
Das ist so nichts Neues, aber im aktuellen geopolitischen Klima sollten Firmen sich über diese Konsequenzen im Klaren sein.
Wenn die Schweiz (neutrale, stabile, Privacy-fokussierte Schweiz) ein Privacy-Unternehmen zu einer 100-Millionen-Euro-Infrastruktur-Verlagerung erschrecken kann, was bedeutet das für Ihre KI-Strategie?
Was Sie jetzt tun müssen
Erstens, führen Sie Buch, wo Ihre KI-Systeme tatsächlich gehostet werden. Viele Unternehmen wissen nicht genau, wo möglicherweise sensitive Daten mit KI-Tools bearbeitet werden.
Zweitens, verstehen Sie, welche Gesetze Ihre KI-Infrastruktur heute regeln und welche Gesetzesvorschläge Sie morgen betreffen könnten.
Drittens, bauen Sie Optionalität in Ihre Strategie ein. Das Ziel ist nicht, genau vorherzusagen, wie sich KI-Gesetze entwickeln werden, sondern Flexibilität zu bewahren, wenn sich grosse Änderungen ergeben.